Pleiten Pech und Pannen – hier erfährst du die wahre Geschiche. Musst du aber nicht!

bitte wirklich nur lesen, wenn du NICHT dazu neigst dir Sorgen, um unser Wohlergehen zu machen!!!! 

Nachdem von verschiedenen Seiten die Bitte an mich herangetragen wurde, ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern, von Geschehnissen jenseits der heilen Welt und schönen Bildern, von dem manchmal recht beschwerlichen Alltag, versuche ich mich mal an einem etwas anderen Beitrag.
Alles gehört zusammen, macht die schönen Momente um so schöner – aber es gibt Momente die weit entfernt vom unbeschwertem „Langzeiturlaub“ sind.

Fangen wir mit den neuen Segel an, da sie uns am Anfang viel Kopfzerbrechen gemacht haben. Zwei von vier der neuen Segeln sind nicht benutzbar nachdem wir sie von Sailsercice erhalten. Das Groß zu groß, die Mastrutscher für das besan passen nicht in den Mast. Auch nachdem wir das Groß in Lübeck noch eingeschickt haben (musste zum umnähen nach Polen und Sailserice war nicht in der Lage das zu organisieren) kam es, immer noch zu groß, zurück! Erst in Porto konnten wir es dann, von einem total kompetenten Segelmacher (Pedro können wir nur empfehlen) kürzen lassen. Vom Besan die Mastrutscher mussten wir alle einzeln zurecht schleifen. Auch das dritte Segel, unseee Gennaker (ein Leichtwindsegel) war verkorkst. Leite Leinen des Bergeschlauchs waren falsch durch gefädelt (zum Glück haben Arvin und Valentin das ganze einmal vor dem ersten Gebrauch ein mal zur Probe hochgezogen und gemerkt). Also Finger weg von Sailservice.

Von dem, was uns alle am meisten erschüttert hat, das Kentern – die Welle auf der Biskaya, die uns auf die Seite gelegt hat – habe ich ja schon an anderer Stelle geschrieben. Das, was häufig vergessen wird, dass wir danach ja immer noch in dem wilden Wetter weiter fahren mussten. Weiterhin Wind über 35 Knoten und 5-6 Meter Wellen in schneller Folge und unterschiedlicher Richtung. Außer Valentin und Arvin alle nass. Ich bin sofort ans Steuer und habe versucht, die Wellen auszusteuern, die Kinder sitzen auf der Bank im Salon, mit Leesegel gesichert, aber verängstigt und frierend, Arvin beseitigt grob das Chaos unter Deck – vor allem das zersplitterte Glas mit Pflaumenmus und Pesto – und Valentin bändigt die raus gerissene Reeling, die wir mit dem zerstörten Solarpanel hinter uns her ziehen.

Die Aufräumarbeiten ziehen sich über Tage… 

Als Belohnung dafür, dass wir das ganze Boot leer räumen mussten, finden wir aber unser Dieselleck, welches immer wieder für einen Hauch von Diesel in der Bilge und Dieselgestank im ganzen Boot gesorgt hat. Die Vorbesitzer haben das kleine Schläuchlein, welches für die damalige Dieselheizung verlegt wurde, einfach gekappt und nicht verschlossen. 

Ganz generell – das Boot kommt immer an erster Stelle. Da ist es egal, ob man gerade müde ist oder friert oder hungrig ist.
Oder gerade einen spannenden James Bond schaut, was sich der Große schon lange gewünscht hat. Wenn dann das Boot plötzlich ruckt und man realisiert hat, dass man im Wellental auf Grund sitzt, dann heißt es Stopp, Klamotten an und raus in die Macht und Kälte. Motor an, Anker hoch und langsam in tieferes Wasser manövrieren. Sichere andere Stelle suchen, Anker wieder runter (und alles was dazu gehört) und endlich wieder Motor aus. Und dann natürlich Film zu Ende schauen! Also Happy End in beiden Fällen 😉

Auch Glück haben wir gehabt, als im Hafen in Porto der Fingersteg reißt – 1. es passiert tagsüber, 2. der schlimmste Sturm war da schon vorbei und 3. war Valentin nur wenige Stunden zuvor von seinem 10-tägigen Deutschlandaufenthalt wieder zurück. Wir haben erst den Steg mit einer unserer Leinen Gesichert und dann das Boot umlegen müssen. Die Douro Marina muss eine Fehlplanung sein. Bei Südwinden ist der Schwell im Hafen so stark, dass an allen Boote im Hafen die Festmacherleinen reißen und durchgescheuert werden. Gelernt habe vor allem ich sehr nachdrücklich – nicht einmal im Hafen gibt es eine 100 %ige Sicherheit. Sehr ernüchternd und für mich vielleicht der Tiefpunkt unserer Reise.

Die nächste Herausforderung stellt das Auffüllen, bzw. tauschen, unsere Gasflaschen dar. In England gab es dafür zum Beispiel nirgends eine Möglichkeit – es gab an der ganzen Südküste kein Gas. Wir wären sogar bereit gewesen neue Flaschen zu kaufen, aber es gab einfach nichts. Auch für wnglische Segler! Dem Brexit sei dank (das Gas wird aus Frankreich geliefert). Nach dem Preis fragten wir schon gar nicht mehr, denn ohne Herd geht gar nichts! 

Zum Glück haben wir zwei Klappräder dabei und wenn wir im Hafen liegen kann man ziemlich entspannt Vorräte für 6 Personen heranschaffen. Schwieriger wird es vor Anker und richtig Arbeit bedeutet es in Gegenden ohne nahegelegene Einkaufsmöglichkeiten. Das bedeutet mit Dingy ans Ufer und an Land sichern (Tide nicht vergessen sonst schwimmt es nach der Rückkehr irgendwo mitten im Wasser), lange Strecken mit beim Rückweg schweren Rucksäcken, Dingi wieder ins Wasser (manchmal über Steine und durch Schlamm), alles verladen und zurück zum Boot. Nach einer besonders anstrengenden Einkaufstour, weil der Supermarkt, zu dem wir wollten, noch gar nicht eröffnet hatte und der Weg dadurch besonders lang geworden ist, müssen wir an einem kleinen Strand ablegen, was aufgrund der Wellen immer etwas schwierig ist. Das Ende vom Lied – schmerzender Knöchel und nasse Baguettes, weil sie mir aus dem Rucksack ins Meer gefallen sind – nicht lustig! 

Und dann muss natürlich im Anschluss alles restlos verstaut werden. Wenn wir Segeln darf nichts, aber auch gar nichts, herumliegen. Jede Nachlässigkeit wird mit  dem durch die Gegend fliegen eben dieses Gegenstandes bestraft. Besonders gemein ist es, wenn wir kreuzen (wenn unsere Richtung gegen den Wind geht und wir einmal rechts – Steuerbord und einmal links – Backbord vom Wind fahren), dann nämlich rutschen oder fallen auf beiden Seiten die Sachen herum. Natürlich auch im Kühlschrank, nicht lustig!!! 

Gerade warte ich darauf, dass die Waschmaschine, die eigentlich nur 20 Minuten brauchen sollte und jetzt, nach 45, noch weitere 12 benötigt. Ich will mich nicht beschweren, denn immerhin kann ich mein eigenes Waschmittel benutzen und muss nicht mit einer total parfümierten Wäsche Vorliebe nehmen. Dafür muss ich hin und zurück insgesamt 40 Minuten mit dem Dingi fahren, jedes Mal umständlich einen Token erwerben (heute musste ich 1,5 Stunden warten) und das Fassungsvermögen ist ca. 1/3 im Vergleich zum Waschsalon. Bei 6 Menschen und ca. 3 Wochen nicht gewaschen sind das viele Ladungen. Dafür habe ich Zeit endlose Beiträge zu schreiben 😜

Ein weiterer Punkt, der teilweise einer größeren Planung bedarf, ist das Duschen. Wir haben kein Warmwasser an Bord und können nur draußen an Deck duschen. Vorzugsweise nachdem man sich vorher im Fluss oder Meer gewaschen hat, um Wasser zu sparen. Da die Wassermacher so fürchterlich teuer sind, haben wir darauf verzichtet einen einzubauen, sodass die begrenzte Kapazität an Frischwasser uns hin und wieder in den Hafen zwingt. Die Temperaturen sind mittlerweile aber auch hier so kühl, dass auch wir Erwachsene eine warme Dusche bevorzugen. 🙃 Zum Beispiel bei Santa Maria (Bucht von Cádiz ) wo wir in einer Ankerbucht liegen, von der aus wir mit dem Dingi in den Hafen fahren können, wo ein Freund liegt, von dem wir uns den Schlüssel zu den Sanitäranlagen leihen können. 

Alles Lappalien, wenn man daran denkt, was uns vor ein paar Tagen passiert ist, als wir im Guadiana den Anker hochholen wollten. Der kam nämlich nicht, trotz vor und zurück fahren und aller Bemühungen,. Also haben wir den Motor wieder aus gemacht. Jetzt hieß es überlegen und Pläne schmieden, was wann und wie zum Erfolg führen könnte. Als Erstes war klar, dass wir Niedrigwasser brauchen, wenn Valentin eine Chance haben soll zum Anker zu tauchen ( bei 2m Tidenhub, von 4m auf 6m nicht unerheblich). Zum Glück hatte er zum Geburtstag einen Softshellanzug bekommen und wir haben auch Gewichte zum Tauchen besorgt. Das Hauptproblem, neben Tiefe und Tide, ist die Trübung des Flusses – man sieht nicht einmal die Hand vor Augen. Am Mittag des nächsten Tages ging dann Valentin ins eisige Wasser – zum Glück war Tiefe kein Problem und die Strömung am Anfang ruhig da die Tiefe gerade kippte. Aber das Ding, um das sich unsere Kette gewickelt hat (vermutlich ein alter Mooring Anker) war riesig und schwer. Zusätzlich hatte sich auch ein Baum in unserer Kette verfangen. Wir haben eine zusätzliche Leine befestigt und über eine Winch seitlich hochgezogen, was die Kette ein bisschen entlastet hat. Ich weiß nicht mehr, wie oft Valentin runtergetaucht ist! Irgendwann schien die Kette fast entwirrt und ich habe dann nochmal versucht die Kette hochzuholen und es hat funktioniert!!! Wir haben schnell den Motor gestartet, Arvin ist ans Steuer, Valentin aus dem Wasser und ich habe den Anker (mit Valentin der drauf stand) vollends hochgeholt. Wir konnten unser Glück kaum fassen!!!!! 

Das war der dritte Tauchgang! Auch die anderen zwei waren spektakulär! Auf dem kurzen Weg von einem Ankerplatz in den Hafen vor Lissabon haben wir uns an einer Fischerboje fest gefahren – bei ziemlich starken Wellengang und ungemütlichen Wetter. Auch hier musste Valentin tauchen! Während ich fast gestorben bin vor Angst. Das Heck der Argo hob und senkte sich in den Wellen über Valentins Kopf. Die Fischerboje hatte sich fest im Ruder verkeilt und es war sehr mühselig alles zu lösen. Nicht weniger aufregend war, als wir im Guadiana kurz vor Pomarao, auf einer Sandbank aufgelaufen sind. Absolut selbst verschuldet, unaufmerksam und dumm! Wieder mal nur kurz woanders hin… und beng, saßen wir fest. Bei steigender Tide nicht das Schlimmste. Allerdings haben wir beim volle Kraft rückwärts fahren vergessen, dass die Dingis hinten am Boot hängen. Auch das wäre nicht weiter schlimm, wenn sich die Leine des einen nicht um die Schraube gewickelt und das Dingi unters Boot gezogen hätte. Sofort Motor aus! Ich ins halb unterm Boot hängende Dingi und versucht die Leine freizuschneiden – ohne Erfolg. Valentin musste also tauchen, um die Leine unter Wasser vom Propeller zu lösen. Ohne Sicht und bei stärker Strömung ein sehr anstrengendes Unterfangen! Derweil wurde unser Boot mit steigender Tide weiter auf den flachen Bereich zu getrieben. Plötzlich strömte Wasser unterm Kiel und das Boot schwamm wieder – eigentlich schön, aber ohne laufenden Motor und Valentin unter Wasser ein gefährlicher Zustand. Ich habe sofort den Anker heruntergelassen, um ein weiteres abtreiben zu verhindern. Das anschließende Anlegemanöver war dann etwas angestrengt – alle noch mega nervös und aufgeregt. Aber Ende gut, alles gut! (Und wir haben jetzt schwimmleinen an allen Dingi’s).

Die alltäglichen Aufgaben, wie das morgendliche Abwischen aller Fenster und Luken, Abwaschen mit vorerst aus dem Herd erwärmten Wasser, umständliches Müllentsorgen, Matratzen hochklappen, damit sie nicht gammeln, regelmäßiges Schränke ausräumen, um sich hier ein Gammeln aufgrund von Kondensfeuchte zu verhindern, Runden das Bild ab.

Nicht zu vergessen die fast täglichen Diskussionen zu den Schulaufgaben.

Oder wer wann, wo und wie lange Instrument üben darf oder muss. Auch das immer wieder unliebsame auftauchen von undichten Stellen an Deck und aufgedeckte rotte Stellen wo das Wasser nach innen kommt und Sachen durchnässt, möchte ich nicht unerwähnt lassen. Bei trüben und windstillem Wetter kommt der sorgenvolle Blick auf den Ladestand der Bordnetzbatterien hinzu, weil Solarpaneele und der Windgenerator zu wenig liefern.

Das sieht vielleicht ganz romantisch aus, bedeutet aber – kein Strom!

Ach ja – fast hätte ich das regelmäßige Trocknen der Bilge vergessen, weil die neu verbauten Wassertanks trotz mehrerer Versuche nicht dicht zu bekommen sind oder weil irgendwo Wasser hineingekommen ist.

Bestimmt habe ich tausend andere Sachen vergessen, wir vergessen fast alles Beschwerliche, wenn wir mal wieder einen tollen Segeltag hatten oder die Kinder miteinander eine Gemeinschaft bilden, die im Alltag sonst nie so zustande gekommen wäre und die Möglichkeit haben, ihre Stärken auszuleben, oder wir an Deck stehen, um den Sonnenuntergang zu bewundern. 

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