Eigentlich wäre jetzt ein neuer Katastrophenbeitrag fällig – sozusagen Teil zwei der wahren Geschichte. Aber das hebe ich mir doch für später auf, wer weiß was noch passiert bis wir in knapp einer Woche an Land stehen (schon während ich diesen Beitrag erstellt habe, ist ein neuer Punkt auf die Katastrophenliste dazu gekommen). Außerdem ist es gerade so schön…
Und wir alle rekapitulieren gerade viel das vergangene Jahr. Ganz ungefragt erzählen die Kinder, was ihnen ganz besonders für gefallen hat und fragen, wie sich das bei uns mit den erfüllten und unerfüllten Erwartungen verhält. Das macht Spaß und erfüllt uns mit großer Freude, weil die Rechnung positiv ausfällt und alle das Jahr als Bereicherung empfinden. So genießen wir noch einmal ganz bewusst die letzten Tage, bevor der Kran uns am Morgen des 17.7. an Land stellt, Arvin am 18. sich mit seinem Freund Samuel in Salzburg trifft, Valentin am 22. nach Hamburg fliegt und ich am 25. das Boot abschließe und wir uns alle zusammen in einer noch leeren Wohnung am Jakobsplan 6 unser Matratzenlager aufschlagen.
Wir alle sind hin- und hergerissen zwischen Vorfreude auf Weimar und Wehmut das enge, sehr auf uns als Familie bezogene Zusammenleben auf dem Wasser zu verlassen. (Na ja, die Kinder sind eigentlich nicht hin- und hergerissen, sondern absolut und ganz voll Vorfreude 😇).
In den vergangenen Wochen haben wir viele Meilen hinter uns gebracht und festgestellt, dass wir zu richtigen Seglern geworden sind. Für viele Tätigkeiten gibt es jetzt Routinen, sodass wir Kraft und Energie hatten zum Brot backen, Angeln (und auch Fische fangen 😅), Nähen (also reparieren), für längere Etappen vorkochen und Bootspflege. Und Valentin liest wieder Bücher! In einer der Nächte am Steuer bin ich ganz sentimental geworden und habe meine Gedanken aufgeschrieben, die auch bei Tageslicht Bestand haben und es für mich ganz gut zusammen fassen.
‚Es ist wunderschön, einzigartig und überwältigend, durch die Nacht zu segeln. Alleine auf der unendlichen Weite des Meeres ist besonders bei Nacht ein berauschendes Erlebnis.
Einzig in der Ferne eine Fähre oder Tanker ist zu sehen. Hinter uns eine Komposition aus Deutschlandflagge und leuchtenden orangefarbenen Halbmond, der langsam im Meer versinkt. Wenn ich den Kopf in den Nacken lege, sehe ich den ungestörten funkelnden Sternenhimmel und die Segel, die, wie unter einer Kulisse, hin und her schwanken. Das Meer rauscht in kleinen Wellen, milde gestimmt, dahin und auch der Wind ist so, dass es angenehm ist für mein Gemüt. Dann wirft eine größere Welle plötzlich das Boot hin und her und ich schaue aufmerksam nach oben zum Verklicker, ob der Kurs zum Wind noch passt. Es ist die erste von zwei – drei – vielleicht auch 5 oder 6 Nächten.
Bis wir uns in einer neuen Bucht verankern, ins Wasser springen und wieder unbekannte Gegenden entdecken. Kaum zu glauben, dass es nur noch drei Wochen sind, bevor wir aus dem Wasser müssen und uns wieder an das sesshafte Landleben gewöhnen werden. Nicht ohne Vorfreude, trotz der großen Wehmut, die mich bei diesem Gedanken überfällt. Das Leben an Bord ist immer wieder eng, beschwerlich und erschreckend. Gleichzeitig oder viel mehr noch aber auch unendlich weit, frei, authentisch und bereichernd.
Ich bin sehr dankbar, dass wir die Chance hatten, dieses Jahr als Familie gemeinsam zu erleben. Es ist ein Schatz, den wir alle für immer bei uns tragen werden.‘
Und jetzt gibt es zum Abschluss noch ein paar (Dank Valentin) wunderschöne (wie ich finde) Fotos unserer letzten Tage.